• 18. März 2020

Weltwirtschaft ächzt unter den Einschränkungen durch Corona Virus

– Ordnungspolitische Aufgaben gehen über die Soforthilfe hinaus
– Kontrollinstanzen und Hürden gegen Trittbrettfahrer werden kommen
– Schutzschirmverfahren erleichtern und Insolvenzgeld ausweiten
– Alle Schutzmechanismen der Insolvenzordnung gezielt nutzen

Den Herausforderungen durch die Corona-Krise muss jetzt schnell und zukunftsorientiert begegnet werden. Günstige und vor allem schnell gewährte Darlehen, öffentliche Bürgschaften und Kurzarbeitergeld sind hilfreiche Maßnahmen und geben vielen Unternehmen die so dringend benötigte Zeit, um mit der extremen Situation umzugehen.
Die Verantwortung der Bundesregierung und der Landesregierungen reicht aber darüber hinaus. Die umgehende Soforthilfe ist unumgänglich, aber für die Nutzung der jeweiligen Rettungsangebote müssen auch klare Regeln gelten.
Es muss sichergestellt werden, dass diese notwendige Soforthilfe nur an die Unternehmer geht, die diese tatsächlich aufgrund der Corona-Krise benötigen und die nicht längst aus anderen Gründen in eine finanzielle Schieflage geraten sind. Die Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierungen müssen gezielt eingesetzt werden. Das wird bereits in der BMJV Mitteilung vom 16. März 2020 deutlich (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/031620_Insolvenzantragspflicht.html). Den Unternehmen muss Sicherheit gegeben werden, dass nicht erst in einer post Betrachtung die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfen und Erleichterungen geprüft werden.

Worauf ist zu achten und welche Maßnahmen sollten noch folgen:

  1. Die Lockerung bzw. das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht wird in den nächsten Tagen also kommen, ein Gesetzesentwurf ist wohl in Vorbereitung, die Details sind aber noch unklar. Aber den Verantwortlichen in den Unternehmen muss klar sein, dass ihre Haftung, insbesondere nach §64 GmbHG und 92 AktG weiterhin bestehen könnte, je nachdem ob ihre finanzielle Krise nun an der Corona-Krise liegt oder nicht. Es muss vermieden werden, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten dazu führt, dass eigentlich gar nicht betroffene Unternehmen durch ein Fehlverhalten anderer mit in den Strudel gezogen werden. Illiquidität kann zu einem Dominoeffekt führen.
  2. Eine schnelle und unkomplizierte Darlehensgewährung hilft vielen Unternehmen. Aber die Ressourcen sind begrenzt. Der Staat kann und darf aus ordnungspolitischer Sicht nicht unbegrenzt helfen (Stichwort: „Moral Hazard“ – kriselnde Unternehmer können diese Darlehen als Fehlanreiz verstehen und verantwortungslos ausnutzen). Deshalb braucht es eine Kontrollinstanz. Sanierungsberater, Insolvenzverwalter und sonstige in Insolvenzsachen erfahrene Personen prüfen von Berufs wegen täglich, ob und warum ein Unternehmen in eine Schieflage geraten ist. Als Fachleute Sie sind es gewohnt – und auch gesetzlich oder vertraglich dazu verpflichtet – sehr schnell zu beraten und auch zu entscheiden. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bzw. die KfW und die Landesbanken müssen diese Expertise nutzen. Eine schnelle und unkomplizierte Darlehensausreichung muss gewährleistet sein, aber zuvor sollte von einem Experten festgestellt werden, dass die notwendige Finanzspritze seitens des Staates mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Corona Krise zurück zu führen ist. Die Erleichterung des Schutzschirmverfahrens: Ein Unternehmen, dass durch die Corona Krise in eine Schieflage gerät, muss in der Lage sein, umgehend ein Schutzschirmverfahren auf vereinfachtem Wege zu beantragen. Die Bundesregierung hat in der Regierungsbegründung zum ESUG unmissverständlich deutlich gemacht, dass Unternehmen frühzeitig restrukturieren sollen. Das muss jetzt erst recht gelten wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits aufgrund der Corona-Krise seit kurzer Zeit gegeben ist. Von der Krise betroffene Unternehmen müssen in die Lage versetzt werden umgehend die Eigenverwaltung oder das Schutzschirmverfahren zu beantragen und sich selbst mit Hilfe der Insolvenzordnung zu helfen.
  3. Insolvenzgeld: Gerade in der jetzigen Situation können viele Unternehmen nicht bestätigen, dass sie auch in den kommenden Monaten weiterarbeiten werden. Insolvenzgeld wird bisher in der Regel nur dann gewährt, wenn die Unternehmen darlegen können, dass die überwiegende Anzahl der Arbeitsplätze voraussichtlich erhalten werden kann. Das ist derzeit fast unmöglich: Die Grenzen sind dicht, die Lieferungen aus dem In- und Ausland bleiben aus. Dennoch sind es in der Regel eigentlich gesunde Unternehmen. In dieser Situation muss das Insolvenzgeld auch auf Fälle ausgeweitet werden, in denen die weitere Beschäftigung eben nicht über einen längeren Zeitraum vorhersehbar ist, aber angenommen werden kann, dass die Unternehmenskrise mit der Überwindung der Corona-Krise ebenfalls beendet ist, also z.B. dass die Zulieferer wieder tätig werden können. Zudem sollte die Bundesagentur für Arbeit die zuständigen Stellen anweisen, die Bewilligung von Insolvenzgeld entsprechend schnell, unbürokratisch und großzügig zu gestalten. Ggf. wäre auch an finanzielle Hilfen für die Insolvenzgeldvorfinanzierer zu denken.
  4. Sanierungsgewinn: In einer solchen Krise kann man es unmöglich zulassen, dass Unternehmer mit dem gewaltigen Risiko eines zu versteuernden Sanierungsgewinns im Regen stehen gelassen werden. Die Bundesregierung – insbesondere Bundesfinanzminister Scholz – muss jetzt Flagge zeigen und die Finanzämter klar anweisen, dass ein Darlehen, welches heute zur Überwindung der Corona-Krise gegeben wird, im Falle eines späteren Verzichts des Darlehensgebers nicht zu einem Sanierungsgewinn führt, besser wäre sogar eine unverzügliche gesetzliche Regelung, dass in der Corona-Krise gewährte Not-Kredite durch zukünftige Verzichte/Restrukturierungen in einigen Monaten nicht einen die Insolvenz auslösenden steuerbaren Sanierungsgewinn auslösen.
  5. Aussetzung von Vollstreckungen und Kündigungen: Vergleichbar den Verfahren und Regelungen der Insolvenzordnung, sollte der Gesetzgeber jetzt strauchelnde Unternehmen davor schützen, dass diese durch Kündigungen von Geschäftsverträgen oder etwa Vollstreckungen von Lieferantenansprüchen noch weiter in die Krise getrieben werden. Inländische wie auch ausländische Vertragspartner dürfen nicht in der Lage sein, die wirtschaftliche Notlage auszunutzen und Verträge gegen Treu und Glauben zu kündigen. Daher muss entschieden werden, dass zumindest die Schutz-Regelungen der Insolvenzordnung jetzt entsprechend Anwendung finden. In der jetzigen Situation sind Vollstreckungshandlungen und Kündigungen, die wegen und zumindest während der Corona-Krise stattfinden, nicht immer unbedingt hilfreich, vor allem wenn z.B. durch Kontopfändungen oder Zahlungsverbote ein von der Corona-Krise betroffenes Unternehmen noch stärker behindert wird, oder wenn solche einem Unternehmen der Gewerbemietvertrag gekündigt wird.
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