Rechtssicherheit von Zahlungen im Rahmen eines Sanierungskonzeptes

Von Claudia Brosche und RA Peter Jark

31.01.2019

Rechtssicherheit von Zahlungen im Rahmen eines Sanierungskonzeptes

Essentiell für die Abwehr von Anfechtungsansprüchen des Insolvenzverwalters kann die Erarbeitung eines schlüssigen Sanierungskonzepts sein

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 18. Juni 2018 zum Aktenzeichen 2 U 1/18 zu den wesentlichen Anforderungen ausgeführt, die an ein Sanierungskonzept zu stellen sind, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners entfallen zu lassen. Bedeutsam ist das insbesondere, wenn der Insolvenzfall doch eintritt und ein bestellter Insolvenzverwalter Anfechtungsansprüche geltend macht. Um im Falle einer Anfechtung des Insolvenzverwalters Rechtssicherheit für die Gläubiger zu schaffen, sodass nicht sämtliche angefochtenen Zahlungen zurückerstattet werden müssen, kann der Einwand eines schlüssigen Sanierungskonzeptes entgegengehalten werden. Hierdurch können die Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs entfallen, insbesondere der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz seitens des Schuldners bzw. die Kenntnis davon seitens des Gläubigers.

Sachverhalt

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die E-GmbH & Co. KG (nachfolgend Schuldnerin) bestellte das Gericht einen Insolvenzverwalter, der gegenüber den Beklagten insolvenzspezifische Anfechtungsansprüche in Höhe von 184.500,00 EUR geltend machte. Die Beklagten bestehen aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sowie deren Gesellschafter, mit der die Schuldnerin lange Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschäftliche Beziehungen pflegte. Die Schuldnerin und die Beklagten hatten aufgrund rückständiger Zahlungen eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen, an die sich die Schuldnerin nicht hielt und somit riskierte, einen mit der Ratenzahlungsvereinbarung verbundenen Teilerlass zu verlieren. Daraufhin änderten sie die Ratenzahlungsvereinbarung ab. Dennoch war die Schuldnerin nicht in der Lage, die Raten bei Fälligkeit zu begleichen. Auch gegenüber anderen Gläubigern gelang es der Schuldnerin nicht ihren fälligen Forderungen nach zu kommen. So pfändete das Finanzamt ein Konto der Schuldnerin wegen fälliger offener Lohn-, Kirchen- sowie Umsatzsteuern. Aufgrund der stetig ausbleibenden Raten, erhöhten die Beklagten den Druck auf die Schuldnerin und drohten ihr mehrfach, unter Fristsetzung zur Zahlung, mit der klageweisen Geltendmachung der Forderung sowie der sofortigen Zwangsvollstreckung (derer sich die Schuldnerin unterworfen hatte). Erstinstanzlich hatte das Landgericht Köln der Klage des Insolvenzverwalters stattgegeben, wogegen sich die Beklagten mit der Berufung wandten. Die Beklagten vertreten die Ansicht, dass die Schuldnerin ein schlüssiges Sanierungskonzept mit allen Gläubigern erarbeitet hatte, weshalb der Anspruch auf Rückgewähr der angefochtenen Zahlungen mangels Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sowie der Kenntnis des Beklagten hiervon entfalle. Für die ordnungsgemäße Sanierung soll die Schuldnerin sogar Dritte beauftragt haben. Sie sind der Meinung, es fehle bereits an der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, da die Beklagten Kenntnis davon hatten, dass die Schuldnerin laufend erheblichen Zahlungen leistete und sie daher annahmen, dass auch mit anderen Gläubigern Ratenzahlungen und Stundungen vereinbart wären.

Zu klärende Rechtsfrage

Das OLG Köln hat in dem vorliegenden Fall näher dazu ausgeführt, welche Anforderungen an ein schlüssiges Sanierungskonzept zu stellen sind, um die Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs des Insolvenzverwalters entfallen zu lassen.

Praxistipp

Das OLG Köln hat die Berufung der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagten objektiv gläubigerbenachteiligend waren. Durch den geschilderten Sachverhalt ergeben sich mehrere gewichtige Indizien, die für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sprechen. Hierzu gehören insbesondere: die Nichteinhaltung vereinbarter Ratenzahlungen mit dem Risiko, den Teilerlass zu verlieren; die Änderung der Ratenzahlungsvereinbarung; die mehrfache ernsthafte Einforderung der Raten, auch mittels Klageandrohung sowie die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger. Aus der Gesamtwürdigung dieser Indizien ergibt sich die Annahme, dass die Schuldnerin die Zahlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes vornahm. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz kann bei ernsthaften Sanierungsversuchen hingegen entfallen. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch eine umfangreiche und einzelfallbezogene Analyse der Ursachen für die Verluste und der Möglichkeit sie künftig zu vermeiden, eine Beurteilung der Erfolgsaussichten und der Rentabilität des Unternehmens in Zukunft sowie Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung der (drohenden) Insolvenzreife. Darüber hinaus ist die Erarbeitung eines tragfähigen Konzepts unumgänglich. Ein solches Konzept beinhaltet die Ermittlung der Art und Höhe der bestehenden Verbindlichkeiten, die Art und Zahl der Gläubiger, der zu erwartenden Einnahmen und der zur Sanierung erforderliche Quote des Erlasses der Forderung unter Einbindung der maßgeblichen Gläubiger. Weiterhin ist es unerlässlich, einen ordentlichen und verbindlichen Liquiditätsplan unter Einbeziehung der wesentlichen Gläubiger zu erstellen. Voraussetzung für einen entsprechenden Sanierungsversuch ist auf Schuldnerseite jedoch, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorlag, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt war und die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigte. Die bloße Hoffnung des Schuldners auf eine Sanierung räumt seinen Benachteiligungsvorsatz nicht aus, wenn die dazu erforderlichen Bemühungen über die Entwicklung von Plänen und Hilfsmöglichkeiten nicht hinausgekommen sind.

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